Thema des Monats Dezember 2015
600 Jahre Apothekengeschichte in 1000 Jahren Leipzig
Teil VII- Die erste Leipziger Arzneitaxe von 1669
Bereits Friedrich II. forderte im Edikt von Melfi 1241 unter anderem einheitliche Preislisten für den Arzneimittelhandel. Bis sich allerdings in den einzelnen deutschen Städten diese, fortlaufend wiederholte, Forderung durchsetzte, bedurfte es oft langwieriger Bemühungen. In Sachsen erschien die erste Arzneitaxe in Dresden 1553 (Es war die erste gedruckte Taxe überhaupt.). Unter der Regierung von Johann Georg I. Kurfürst von Sachsen (1585–1656) wurden auch mehrmals Aufforderungen an den Rat der Stadt Leipzig gerichtet, in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät der Universität eine öffentliche Preisliste für die Apotheken der Stadt aufzustellen. Es gelang den Leipziger Apothekern aber immer wieder, durch Bittgesuche und Eingaben das für sie ungünstige Vorhaben zu vereiteln. Johann Georg II. erneuerte im Jahr 1658 die Apothekenprivilegien, erhob aber gleichzeitig die Forderung nach einer Arzneitaxe aufs Neue. Der Rat der Stadt bemühte sich nun ernsthaft und 1659 lag ein Katalog der „Simplicia“ (einfache Arzneimittel aus einem der Naturreiche - Pflanzen, Tiere und Mineralien) als auch der „Composita“ (Arzneimittel aus mehreren Komponenten) vor. Wieder gab es Streit, diesmal von Seiten der Ärzte: die vorgesehenen Visitationen der Apotheken waren für sie mit zuviel Arbeit verbunden, der Katalog wurde also revidiert. Doch damit waren bei weitem nicht alle Streitigkeiten beigelegt. Proteste der Apotheker, Drohungen des Rates der Stadt, Dekrete des Kurfürsten, Bittgesuche der Apotheker und erneute Untersuchungen begleiteten auch in den folgenden Jahren den Kampf um die Taxe. Erst im Jahr 1668 konnte dem Kurfürsten ein handschriftliches Exemplar von Preisverzeichnis und Apothekenordnung zugeleitet werden. Nach dem Vorliegen des Einverständnisses des Kurfürsten bestätigte dieser am 5. November 1668 die Gültigkeit der Taxe. Im Februar 1669 lag das gedruckte Exemplar vor und es konnte und musste nun damit gearbeitet werden. Neben einem Titelbild (Kupferstich) und der Titelseite sind die Bestätigungsurkunde, die Apothekenordnung und 98 Seiten Arzneien nebst der Preise enthalten. Insgesamt enthält die Taxe den außergewöhnlich großen Arzneischatz von etwa 2750 Mitteln! Sie sind unterteilt in natürliche Stoffe (de nativis) und unbearbeitete Simplicia (de crudis). Im zweiten Teil finden sich die Zubereitungen (de arte paratis). Neben vielen pflanzlichen Drogen sind auch tierische und mineralische Produkte in großer Zahl verteten. Auffallend ist die Vielfalt der verschiedenen Zubereitungen, die bei sorgfältiger Ausführung viel Mühe und Zeit erfordert haben.
Die Preisangaben erfolgten in Talern, Groschen und Pfennigen. Als Maßeinheiten finden wir das Stück, eine Hand voll, Lot (ca. 14,9 g), Unze (ca. 29,8 g = 2 Lot), Quintlein (ca. 3,7 g=1/4 Lot).
Zu den teuersten Produkten gehörten:
Cingulum ex corio humano (Riemen aus Menschenhaut): 1 Stück 2-3 Taler
Tinctura Lapidis lazuli (Tinktur aus einem Edelstein) 1 Lot 1 Taler
Ol Cinnamomi 1 Quintl. 1 Taler, 12 Groschen (Zimtöl) und 12 Pfennige
Magisterium Perlarum („Meisterpulver“: auf chemischem Wege hergestelltes Perlenpulver) 1 Quintl. 1 Taler, 8 Groschen
Amuletum contra pestem (Pestamulett) 1 Stück 8 Groschen Viperarum volatilis (Vipern- oder Natternsalz) 1 Unze 4 Taler
Die Gestaltung des Titelblattes zeigt oben den Engel Occasio, der die Zeit für richtiges Handeln weist. Apollo, der Heilsgott gegen Krankheiten, schaut darüber aus einer Wolke. Die sitzenden Figuren an den Seiten sind links der griechische Arzt Hippokrates, der eine rationelle Arzneimittel-Therapie begründete, und rechts Paracelsus, der Vater der pharmazeutischen Chemie. Die drei Allegorien unter dem Titel stellen Ratio, Experientia und Methodus dar.
Im unteren Teil sind die Sinnbilder der drei ältesten Leipziger Apotheken wiedergegeben – von links: Mohren-Apotheke – Ad Aethiopem, Löwen-Apotheke – Ad Leonem und König-Salomo-Apotheke – Ad Regem Salomonem.